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"Sie hat die Seiten gewechselt, ohne zu wissen welche..." (A. Ernaux)

Erinnert sich noch jemand, dass ich mir bei den begeisterten Buchbesprechnungen am 8.11.2020 von Edouard Louis "wer hat meinen Vater umgebracht" und Annie Ernauxs` "die Jahre" und "Scham" gewünscht habe diesen autobiographischen Milieu-Blick möge es auch für eine deutsche Kindheit geben? Hier kommt die Wunscherfüllung: "Zeige deine Klasse" von Daniela Dröscher. Wieder war ich beim Lesen begeistert von der Stofflichkeit der Beschreibung der Kindheit und Herkunft, wie konkret sie sich zum Beispiel an die dörfliche, später kleinstädtische Atmosphäre der 70er/80er Jahre erinnert, zumal da auch noch Heimatkläge für mich mitwirken, da die Kindheit und Jugend in der süddeutschen, pfälzischen Provinz stattfindet.

Superspannend wie da eine deutsche Schriftstellerin sich schnipselartig und bildkräftig erinnert an die wichtigsten Menschen ihrer Kindheit, an Dialekt, an die Bedeutung der Herkunft der Eltern, an frühe Freundschaften...und parallel versucht, die Prägungen durch die Herkunfts"schicht" zu ananlysieren mit vielen soziologischen und philosophischen Querverweisen (und wie man die Auseinandersetzung mit dem Herkunftsmilieu- und gegend durch Flucht in die Großstädte eben nicht für immer abstreifen kann).

Nicht nur die Listen in ihrem Buch machen Lust darauf sich auch mit der eigenen Kindheit und Biografie und ihrer Bedeutung für den Lebensweg zu beschäftigen.

Und für alle, die Alina Bronsky-Fans sind: "Barbara stirbt nicht" (2021), ein wunderbares Buch, in dem ein Gatte langsam, gaaanz langsam sich selbst, seine Frau, seine Familie und seine ganze Umgebung mit neuen Augen sehen lernt, nachdem seine Frau eines Tages einfach nicht mehr aufsteht und täglich immer weniger wird. Er entdeckt nicht nur die Weiten des Internets und des Kochens und Backens, sondern auch seine Gefühle und Möglichkeiten sie auf neue Art auszudrücken...


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