Ein guter alter Bekannter, Matt Haig, hat wieder einen Roman geschrieben, der lesenswert ist: "die Mitternachtsbibliothek".
Wenige können über das Phänomen Depression so schreiben wie er, so ernsthaft und trotzdem leicht.
Die Heldin Nora Seed will nicht mehr leben. Sie findet ihr Leben durchschnittlich und sinnfrei und landet bei ihrem Suizidversuch im Zwischenreich zwischen Leben und Tod, in der Mitternachtsbibliothek. Dort zeigt ihr ihre alte Schulbibliothekarin das Buch, in dem all das steht, was sie bereut. Das ist ziemlich dick, diess Buch. Und es gibt Scripts von allen Lebensentwürfen, die sie hätte einschlagen können, wenn sie sich, statt es zu bereuen es nicht getan zu haben, nicht dagegen entschieden hätte. Viele. Diese diversen Lebensentwürfe (was wäre gewesen, wenn...?") probiert sie aus und gewinnt essentielle Erkenntnisse über sich selbst ("was wäre anders verlaufen mit einem anderen Partner/ in einem anderen Land/ mit einer bewussten Beruf/swahl/ wenn ich meine Hobbies leidenschaftlicher ausgeübt hätte/wenn ich nicht sovieles anderen zuliebe getan hätte..."?) Sie denkt über die Vielfalt ihres Leben nach und lernt die Menschen, die Teil ihres Lebens waren in verschiedenen Rollen kennen...
Nebenbei erfährt die/der Leser*in noch einiges über Paralleluniversen und Schrödingers Katze und bekommt Lust auch mal ein paar neue Versionen von sich selbst zu erproben, hier und jetzt...
Dazu passt auch sehr gut der Roman von Benedict Wells "vom Ende der Einsamkeit". Auch hier geht es bei der Hauptfigur Jules immer wieder um die Relativität der Liebe und die Frage "was wäre gewesen wenn wir uns schon früher getroffen hätten?" oder "...wenn ich eine andere Ausbildung gemacht hätte...?" Prägt uns das Leben und macht uns zu dem Menschen, der wir im Lauf unseres Lebens werden? Oder gibt es in jedem von uns einen Kern, der unverletzbar ist und unverwechselbar?
Daniela